St. Paulus

Der Gott der Geduld

In dieser eigenartigen Zeit gibt es unter anderem ein Gut, das genauso kostbar wie rar ist: die Geduld. Es ist ja nicht so, dass wir es nicht glauben würden, was uns die Experten immer wieder erklären: nämlich die Füße stillzuhalten und sich nicht unnötig einem Infektionsrisiko auszusetzen. Aber es strapaziert unsere Geduld schon sehr, und damit auch unsere Stimmung. Schon kann man Stimmen hören, die ein Ende der Isolierung fordern – gegen alle Vernunft und Einsicht. Und das wissen wir: wenn jemand die Geduld verliert, dann führt das meist zu unklugen Handlungen mit negativen Folgen.
Da ist es gut, dass der Apostel Paulus im Römerbrief auf eine besondere Eigenschaft Gottes hinweist: „Der Gott der Geduld“ (Röm 15, 3). Ich hatte das so noch nie gesehen, aber es leuchtet mir ein. Geduldig ist, wer die Dinge vom Ende her denkt, und wer ist dazu besser in der Lage als Gott selbst, der alles aus dem Blickwinkel der Ewigkeit betrachtet? Weiter heißt es dort, dass er Trost bewirkt und dadurch Einigkeit, dass alle an einem Strang ziehen.
Bleibt die Frage, wie wir etwas abbekommen können von diesen dringend notwendigen Eigenschaften Gottes. Das kann ganz einfach geschehen, indem wir ihn suchen. Es gibt da ein paar altmodische Wege wie das Gebet, das Lesen in der Bibel und das Nachdenken darüber, singen und loben. Das Schöne: all das ist nicht abgesagt! Vielleicht haben wir ja sogar mehr Zeit als sonst und können die Gelegenheit nutzen uns ihm neu zuzuwenden.
Genauso wenig ist die Gemeinschaft im Glauben abgesagt, die die wichtigste Erfahrung der Nähe Gottes ist. Wir können uns zwar nicht in den Kirchen treffen, aber können doch zusammenkommen bei den vielen Gottesdiensten, die im Internet übertragen werden.
Wilhelm Nordmann